Dienstag, 29. Mai 2012

LSK/LV - Literaturbericht

Auf der Website "Die Luftverteidigung der DDR bis 1990" (http://lv-wv.de/) findet sich ein hoch interessanter "Literaturbericht 2 - Militärisch-historische und militärtechnische Aspekte der DDR-Luftwaffen-Geschichtsschreibung im Zeitraum 2011/12" von Walter Hundt ... der Titel sagt eigentlich bereits alles ... lesen:

http://lv-wv.de/beitraege_lv/aktuelles/120527_aspekte2.html

Raketentruppen der Landstreitkräfte der NVA

Vor nunmehr 50 Jahren wurden die ersten Einheiten der Raketentruppen der Landstreitkräfte aufgestellt.

Aus diesem Anlaß wurde das Buch "Raketentruppen der NVA-Landstreitkräfte - Geheimhaltungsgrad aufgehoben" von Generalmajor Roland Großer (Herausgeber), mit einem Vorwort von Generaloberst Horst Stechbarth nunmehr veröffentlicht: Amazon-Link

Produktbeschreibung: »Raketentruppen der Landstreitkräfte - Geheimhaltungsgrad aufgehoben" vermittelt nicht nur dem fachlich interessierten Leser, sondern auch jedem "Außenstehenden", einen tiefgründigen Einblick in Vorgeschichte, Aufbau und Entwicklung der bis zum Schluss stets mit dem Begriff "Geheime Verschlusssache" verbundenen Raketentruppen der Landstreitkräfte der NVA. Viel Platz gehört in diesem Buch aber auch dem täglichen Leben der "Raketschiki", den sehr hohen Anforderungen, denen sie sich zu stellen hatten: ständige Gefechtsbereitschaft, Gefechtsausbildung und taktische Übungen unter den kritischen Augen einer Zentralen Kontrollgruppe, Paraden u. v. a. m. Zu stellen hatten sie sich aber vor allem immer wieder ihrer Hauptaufgabe, die, zum Glück für die gesamte Menschheit, nie real erfüllt werden musste - der Führung von Kernwaffenschlägen. Trotz der damaligen strengen Geheimhaltung konnte das Autorenkollektiv viele Originaldokumente und auch z. T. spektakuläre Fotos im Buch wiedergeben. Hinzu kommen Erinnerungen ehemaliger Angehöriger der Raketentruppen, lustige, aber auch ernsthafte Episoden, die dem Leser gewiss einen interessanten Einblick in das Leben einer damaligen Elitetruppe gewähren. Hans Rackowiak (Mitautor)«

Nach der DVD "Raketentruppen der NVA" ein langerwartetes Buch über einen Teilbereich der NVA, der heute noch geheimnisumwittert ist. Ein weiteres Buch zum Thema, mit dem Titel "Die Raketentruppen der NVA" von Kurt Schmidt scheint vor seiner Veröffentlichung zu stehen, s.a.: Amazon-Link.

Aus der Produktbeschreibungen: »Vor fünfzig Jahren bekamen die DDR-Streitkräfte die ersten Raketen, es wurden operativ-taktische Raketeneinheiten formiert. ... Seither ... wird die Legende verbreitet, es habe sich um eine heimliche Atomstreitmacht gehandelt. Mit diesem gezielt verbreiteten Irrtum räumen die Autoren auf. «

»Über den Autor: Kurt Schmidt, Jahrgang 1942, Besuch der Ingenieurschule Glashütte und der Militärakademie in Leningrad, NVA von 1960 bis 1990, als Offizier des Raketen- und Waffentechnischen Dienstes auf mehreren Ebenen tätig, zuletzt im Ministerium für Nationale Verteidigung.«

Sonntag, 20. Mai 2012

Zwangsarbeit und politische Häftlinge

Vor einiger Zeit wurde die "Zwangsarbeit" von "politischen Häftlingen" in der DDR von interessierter Seite gepuscht. Bei meiner Auseinandersetzung mit der Thematik ist folgendes herausgekommen:

Politische Häftlinge
Mir ist kein Staat bekannt, in dem -  nach dessen eigenem Verständnis - Häftlinge aus politische Gründen gefangen sind. Entsprechend wird es immer nur von anderen, nicht befreundeten Staaten behauptet. Im Fall der DDR listet die BRD folgende Kategorien an politischen Häftlingen auf:

1. Internierte
2. von Sowjetische Militärtribunale (SMT) verurteilte
3. in die Sowjetunion Deportierte
4. verurteilte Kriegsverbrecher
5. Wegen Staatsverbrechen und Republikflucht verurteilte Häftlinge
6. Wirtschaftsverbrecher

Näheres ist im "DDR Handbuch" zu finden: Häftlinge, Politische, S. 4. Digitale Bibliothek Band 32: Enzyklopädie der DDR, S. 3088 (vgl. DDR-HB, S. 589) (c) Bundesministerium des Innern.

In den 1980ern dürften die Nazi- und Kriegsverbrecher als "politische Häftlinge" nur noch eine untergeordnete Rolle gespielt haben, daher ist ein Blick in die Rehabilitierungsgesetze der Neuzeit interessant:

»Das StrRehaG zählt eine Reihe von Strafvorschriften der ehemaligen DDR auf, die gewöhnlich der politischen Verfolgung gedient haben. In diesen Fällen werden die Urteile in der Regel aufgehoben, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es sich ausnahmsweise einmal nicht um politische Verfolgung gehandelt hat. Das sind:

- Landesverräterische Nachrichtenübermittlung;
- Staatsfeindlicher Menschenhandel;
- Staatsfeindliche Hetze;
- Ungesetzliche Verbindungsaufnahme;
- Ungesetzlicher Grenzübertritt (sog. Republikflucht);
- Hochverrat; Spionage; Anwerbenlassen zum Zwecke der Spionage; Landesverräterische Agententätigkeit; Staatsverbrechen, die gegen einen verbündeten Staat gerichtet sind; Unterlassung der Anzeige einer dieser Straftaten; Geheimnisverrat, wenn die Tat für die Bundesrepublik Deutschland, einen mit ihr verbündeten Staat oder für eine Organisation begangen worden sein soll, die den Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung verpflichtet ist.«
http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/Rehabilitation_StrRehaG.pdf

Natürlich muß man nicht im Gefängnis gessen haben, um politisch verfolgt zu sein: »Personen, die durch Verwaltungsakte von DDR-Organen Nachteile erlitten haben, können nicht nach dem StrRehaG rehabilitiert werden. Diese Betroffenen finden aber in dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (VwRehaG) Berücksichtigung. (Etwas anderes gilt in den Fällen, in denen von DDR-Verwaltungsorganen eine Freiheitsentziehung angeordnet worden ist ... Der Ausgleich beruflicher Benachteiligungen für Opfer politischer Verfolgung im Beitrittsgebiet ist im Beruflichen Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) geregelt.«

Welche Erfolgsaussichten haben "politisch Verfolgte"?

* Für die von der DDR verurteilten Nazi- und Kriegsverbrecher können seit 1991 auf Antrag des Verurteilten (oder seiner Nachkommen) SBZ- /DDR-Urteile wegen Rechtsstaatswidrigkeit aufgehoben werden. Für 6% der Angeklagten wurde ein solcher "Rehaantrag" gestellt (ohne 'Waldheimverfahren').

Dies führte zu folgenden Ergebnisse: Von den gestellten Anträgen waren 58% erfolgreich.
http://www1.jur.uva.nl/junsv/ddr/DDRErgebnisse.htm (offline; Abruf 19.01.2004)

* Wurden diese oder andere durch sowj. Behörden verurteilt, kann auch bei russischen Behörden eine Rehabilitierung beantragt werden. Eine Grundlage ist das Gesetz "Über die Rehabilitierung von Opfern politischer Repressionen" vom 18. Oktober 1991, das seit Ende 1992 auch auf ausländische Staatsangehörige Anwendung findet, "die aufgrund eines Urteils bzw. einer Entscheidung von Gerichten der UdSSR bzw. außergerichtlicher Organe außerhalb der UdSSR aufgrund einer Anklage wegen Handlungen gegen Staatsangehörige der UdSSR und Interessen der UdSSR repressiert wurden".

Erfolgszahlen sind mir leider nicht bekannt, dürften aber aufgrund mir bekannter Einzelfälle hoch sein.

* Leider habe ich für die restlichen "politischen Häftlingen" nur Angaben für Brandenburg gefunden, die könnten aber einigermaßen repräsenativ sein:

1. Anträge auf strafrechtliche Rehabilitierung waren zu ungefähr 61 % erfolgreich. »Während Verurteilungen von Antragstellern wegen „staatsfeindlicher Straftaten“ wie „Republikflucht“ (§ 213 StGB-DDR - Ungesetzlicher Grenzübertritt) praktisch zu 100 % aufgehoben wurden, sind Rehabilitierungsanträge wegen Verurteilungen aufgrund „allgemeiner Kriminalität“ in der Regel überwiegend abgelehnt worden, sofern kein politischer Hintergrund der Verurteilungerkennbar war.«

Beachte die Formulierung: "in der Regel überwiegend" ... da gibt es wohl für gewöhnliche Kriminelle auch Chancen.

2. »Die Erfolgsquote der Rehabilitierungsverfahren nach dem BerRehaG und VwRehaG vor der Rehabilitierungsbehörde des Landes Brandenburg beträgt mit Stand Mai 2010 44 % ...«

Hier sind wohl nicht nur mir die möglichen Fallkonstellationen unklar. »Das VG Potsdam wies zudem in seiner Stellungnahme ausdrücklich darauf hin: „Die Kläger akzeptieren allerdings nur schwer, dass die gesetzlichen Bestimmungen nur die staatliche Verfolgung und auch nur krasse Verstöße gegen das Rechtstaatsprinzip erfassen und das typische DDR-Unrecht (Schikanen und Behinderungen bei der Schul-, Berufswahl und -ausbildung, Heimerziehung, Arbeitsplatz- und Wohnsitzwahl, Reisebeschränkungen usw.) nicht berücksichtigt wurden. Die gesetzlichen Regelungen für ehemalige Schüler zur Kompensation des Verfolgungsunrechts werden, da sie häufig erst im Rentenalter geltend gemacht werden können, angesichts der frühen Beeinträchtigung ihres Lebenswegs als völlig unbefriedigend empfunden. Es gibt zahlreiche Äußerungen von Klägern, die sich darüber enttäuscht zeigen, dass ihnen der Auschlusstatbestand des § 4 BerRehaG (aus der Sicht des Gericht zurecht) vorgehalten wird, es aber zahlreiche Abgeordnete und Inhaber öffentlicher Ämter gebe, denen die frühere Tätigkeit für den MfS nicht zum Nachteil gereiche. Auch wird immer wieder darauf hingewiesen, dass die Täter / Amtsinhaber der DDR ihre vollen Renten und Pensionen bezögen.“«
http://www.landtag.brandenburg.de/sixcms/media.php/5701/Gutachten%20Enquete_5-1_Umgang-mit-Verfolgten.pdf

Was bringt es an Geld?

Allein die sog. "Opferrente" gem. § 17a StrRehaG: Nach verschiedenen Medienmeldungen beziehen diese derzeit rd. 38.000 Personen. Dem Steuerzahler hätte das innerhalb von 5 Jahren 461 Mio. EUR gekostet, mithin rd. 12.000 EUR pro Person resp. 2.400 p.P und Jahr oder 202 EUR pro Monat, bei einem Höchstbetrag von 250 EUR nicht wenig.

Der Grund ist simpel: Die Rente wird erst mit erreichen des Rentenalters ausgezahlt, damit ist die normierte Einkommensgrenze relativ hoch.

Wer jetzt erst "Appetit" bekommen hat: »Durch das „Vierte Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR“ vom 2. Dezember 2010 (BGBl. I S.1744) wurden die Antragsfristen in den Rehabilitierungsgesetzen letztmalig bis zum 31. Dezember 2019 verlängert.«

Noch ein Wort zur "Zwangsarbeit":

»Die Arbeitspflicht des Gefangenen beinhaltet, dass der Gefangene eine ihm zugewiesene Arbeit oder andere Beschäftigung ausüben muss, die seinen körperlichen Fähigkeiten und seinem Gesundheitszustand angemessen ist. Dies findet seine verfassungsrechtliche Absicherung in Art. 12 III GG, wonach Zwangsarbeit bei gerichtlich angeordneter Freiheitsentziehung zulässig bleibt. Die Ablehnung einer zugewiesenen Arbeit stellt eine Pflichtverletzung dar, die nach den §§ 102 ff. mit Disziplinarmaßnahmen geahndet werden kann.«
http://www.uni-marburg.de/fb01/lehrstuehle/strafrecht/roessner/roessner_vermat/roessner_archiv/ss08-0110400064vl/strafv_mat09

Nicht nur das, inzwischen wurden andere perfide Aspekte der Zwangsarbeit entdeckt ... in der DDR natürlich: »Nicht nur im Strafvollzug rekrutierte man auf Teufel komm raus Arbeitskräfte . . . Heitmann: Richtig. Schüler mussten zum Subbotnik und in die Ernte, es gab den Studentensommer, die Freundschaftsbrigaden aus Polen, die Armee musste im Rostocker Hafen Schiffe entladen oder auf dem Bau arbeiten« (Märkische Allgemein vom 11.05.2012).

Boha, jetzt ist das ganze Trauma wieder da: NadelARBEIT, Schulgarten, Werken, UTP/ESP ... und Abwaschen und Zimmeraufräumen! Bei letzterem wird sich aber Mutti noch umguggen, wenn ich ihr die Rechnung für diese Zwangsarbeit präsentiere ;)