Montag, 23. Mai 2011

Mauerbau und Angriffspläne

Bekanntlich war die DDR stärker als alle anderen sozialistischen Staaten Objekt der praktischen "Befreiungspolitik" (To liberate Eastern Germany) des "Westens". Nach dem vorläufigen Scheitern der Politik der "inneren Auflösung" am 17. Juli 1953, rückte die Option "Befreiung von außen" und damit die bewaffneten Kräfte der BRD verstärkt ins Kalkül.

So gelangte das Dokument "Deco II" von 1955 aus dem Panzerschrank von General Speidel noch im gleichen Jahr in den Besitz des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR. Im Rahmen der Berlinkrise 1958 - 1963 wurde der Plan 1959 durch die DDR öffentlich gemacht.

Vom "Tisch" war ein Aufstand in der DDR mit militärischer "Hilfeleistung" der BRD für ihre "Brüder und Schwestern" in der Soffjetzone offenbar nicht, wie "Der Spiegel" 38/1961 vom 13. September 1961 zu berichten wußte: »Ein militärischer Geheimplan für den Fall einer Revolte in der Sowjetzone, der angeblich von hohen Offizieren der Bundeswehr ausgearbeitet wurde, ist in die Hände eines westlichen Nachrichtendienstes gefallen und auch in sowjetischen Besitz geraten. Der Plan soll in einem von Obristen und einem Brigadegeneral selbst konstituierten Schattengeneralstab verfertigt worden sein. Er knüpft an die im Weltkrieg II seit Stalingrad vom deutschen Heer geübte Kriegführung an, mit militärischen Kräften einen Durchbruch zu einem Kessel zu erzwingen, um den Abfluß eingeschlossener Zivilisten und Streitkräfte zu ermöglichen: Bei einer sowjetzonalen Rebellion, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit blutig niedergeschlagen würde, sollen Bundeswehr-Einheiten ohne Nato -Verbündete die Zonengrenze in einem bestimmten Abschnitt mit Gewalt öffnen und für 48 Stunden offenhalten, um den Rückzug von Zonen-Rebellen und deren Angehörigen in die Bundesrepublik zu ermöglichen.«

"Natürlich" war da nix dran, der "Spiegel": »Ob es sich bei diesem Plan um eine Fälschung oder um eine lancierte Provokation handelt, wird zur Zeit untersucht ... Der Kanzler verbürgte sich, es werde nichts passieren.«

Der Kanzler verbürgte sich, was für eine Erleichterung.

Selbstverständlich gab es weitere Pläne und einige wurden öffentlich ... was entsprechende Dementis auslöste. So hatte die NATO während des sog. "Prager Frühlings" 1968 eine militärische Intervention der CSSR geplant. »Der vermeintliche Plan der NATO, der in dem StB-Material "Zephir" genannt wird, war in drei Etappen unterteilt. Im Rahmen dieses Planes wurde mit der Steigerung der destruktiven Aktionen "bis zum Einsatz der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der 7. US-Armee mit der westdeutschen Bundeswehr gerechnet", heißt es laut "Mlada fronta dnes" in dem Dokument.

In der ersten Phase sollten demnach die NATO-Geheimdienste versuchen, Einfluß auf die Reformbewegung zu nehmen und eine Beherrschung der Staatsorgane von oben in die Wege zu leiten. In der zweiten Phase des Planes "Zephir" wurde angeblich damit gerechnet, daß der Zusammenstoß von Reformern und Kommunisten in einen Bürgerkrieg münden könnte.

"Beide Phasen sollten im Bedarfsfall durch einen militärischen Eingriff von außen auf dem Weg einer Intervention verdunkelt und unterstützt werden", zitiert die Zeitung. In der dritten Phase schließlich sollte die CSSR aus dem Warschauer Pakt austreten.« Jedoch die »NATO wies gestern den Bericht zurück« (Berliner Zeitung vom 16. April 1996).

Na, da bin ich aber beruhigt.

Oder auch nicht: Es wurde 1967 ein Sonderstab des NATO-Oberkommandos zu Bearbeitung des "tschechoslowakischen Problems" gebildet. »So diente die NATO-Stabsübung "SHAPEX 68" (7. bis 9. Mai 1968) dazu, den gedachten Verlauf der "Operation Zephir" in verschiedenen Varianten durchzuspielen." Näheres findet sich bereits in dem Buch von Albrecht Charisius und Julius Mader "Nicht länger Geheim" vom Militärverlag, aus dem Jahr 1969.

Siehe auch:
http://ddr-luftwaffe.blogspot.com/2012/09/brd-erwog-atomschlag.html


update (29.04.2014)
Angriff auf Thüringen

Bereits 1959 hatten die westlichen Alliierten (Frankreich, GB, USA) einen streng geheimen Sonderstab "Live oak" (Lebenseiche) gebildet. An diesem beteiligten sich ab 1961 "zur logistischen Unterstützung" auch Offiziere der Bundeswehr. Aufgabe dieses Sonderstabes war es, den "freien Zugang" nach Westberlin militärisch zu gewährleisten. "Heiße Phasen" gab es vor allem in den 60er Jahren, "Live oak" hatte unterschiedlichen Eskalationsstufen in petto: von der Entsendung bewaffneter Divisionen bis hin zum Einsatz taktischer Atomwaffen.

Nunmehr wurde bekannt, dass auch ein Angriff auf Thüringer DDR-Gebiet geplant war. Die Planung liefen beim Oberkommando der alliierten Streitkräfte in Europa (SHAPE) in Brüssel unter den Codeworten "Bercon" und "Bravo", wobei letzterer den Einsatz von Atomwaffen vorsah. Ziel sei es gewesen, durch die Besetzung des Thüringer Waldes die "Fronlinie" deutlich zu verkürzen. Zudem hätten die Aggressoren die Höhen des Thüringer Waldes leichter gegen Gegenangriffe der Verteidiger halten können. Konkret waren zwei Landoperationen unter den Codewörtern "Charlie 2" und "Charlie 4" geplant. Hierfür war u.a. auch der Einsatz zweier Divisionen des III. Korps der Bundeswehr vorgesehen.

Die Pläne waren zwar offensichtlich den Warschauer Vertragsstaaten bekannt, wie nach dem unter der Leitung der NVA durchgeführten Manöver "Oktobersturm 65" geargwöhnt wurde, blieben jedoch bis 1990 in Kraft.

Quelle: http://www.thueringer-allgemeine.de/startseite/detail/-/specific/408312665
(Dr. Klaus Storkmann, Major der Bundeswehr - MGFA -, s.a.: Monografie)

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