Montag, 28. Dezember 2009

Einseitige Verpflichtung, nicht als erste Kernwaffen einzusetzen

Auf ein friedliches und atomwaffenfreies Jahr 2010:

15. Juni 1982 - Botschaft des Generalsekretärs des ZK der KPdSU L.I. Breshnew an die 2. UN - Sondertagung über Abrüstung vom 7.6. bis 10.7. in New York.

"Geleitet von dem Bestreben, alles zu tun, um die Gefahr einer nuklearen Verwüstung von den Völkern abzuwenden und in der Endkonsequenz eine solche Möglichkeit aus dem Leben der Völker zu verbannen, erklärt die Sowjetunion, daß sie auf die Erstanwendung von Kernwaffen verzichtet."

"Die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken verpflichtet sich, nicht als erste Kernwaffen einzusetzen. Diese Verpflichtung tritt sofort, im Augenblick ihrer Verkündung von der Tribüne der UNO-Vollversammlung, in Kraft."

Aus: Dokumente zur Abrüstung 1977 - 1982, Berlin 1984, S. 344
"Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen" Lukas 2,14

Link:
http://ddr-luftwaffe.blogspot.com/2008/02/auslndische-truppen-in-deutschland-und.html

Staatsverschuldung DDR

Bei der Bundesbank - "Fünfzig Jahre Deutsche Mark", Beck-Verlag München - heißt es zum Thema: "Die Zahlungsfähigkeit der DDR war 1989 zweifellos vorhanden. Allerdings hatte sich die internationale Wettbewerbsfähigkeit der DDR-Wirtschaft drastisch verschlechtert, wodurch längerfristig Finanzierungsprobleme des Schuldendienstes entstanden wären." Beachte: "zweifellos" und "wären".

Im Jahr 1989 betrug die "Nettoverschuldung der DDR gegenüber dem Westen" ca. 13 Mrd. US-Dollar, wobei allerdings selbst das Politbüro fälschlicherweise von 21 Mrd. US-Dollar ausging, da ihm die knapp 10 Mrd. US-Dollar Guthaben des Bereichs KoKo von Schürer und Schalck-Golodkowski im sog. Schürer-Papier unterschlagen worden waren. Den Nettoschulden standen die von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) ausgewiesenen Guthaben der DDR von knapp 10 Mrd. US-Dollar gegenüber. Motto: "Liquidität geht vor Rentabilität".

"Schließlich führten erst die geänderte politische Situation in der Sowjetunion und die Perspektivlosigkeit in der DDR zu einer Ausreisewelle, die zur Bildung einer politischen Opposition und schließlich zum Protest der Massen, die das DDR-Regime von innen zu Fall brachten, und nicht etwa die Auslandsverschuldung der DDR."

Ich vermute, das läuft wie an der Börse: da entscheiden nicht die wirklichen Zahlen, sondern das, was die Leute "denken" ... so können u.U. selbst florierende Unternehmen durch Gerede in Not geraten. Und die DDR war zweifellos kein florierendes Unternehmen ... Wer in den 1980ern die Meinungsführerschaft in der DDR hatte ist auch bekannt. Über das "Warum" könnte vortrefflich diskutiert werden. In dem o.g. Buch, dessen Herausgeber die BRD - Bundesbank ist, gibt es auch andere interessante Hinweise, wie: "... die DDR ist also keineswegs in der Schuldenfalle erstickt" oder zu den Jahren 1983 und 1984 "... bundesverbürgten Milliardenkredite an die DDR, als sich die Verschuldungssituation der DDR am Euromarkt als Folge der Polenkrise zuspitzte." Und diese Kredite sind noch nicht einmal verfrühstückt worden, "Satt dessen ließ sie den Gegenwert als Guthaben bei westlichen Banken stehen."

Den Inhalt des o.g. Schürer-Papiers kann nachgelesen werden in "Was war die DDR wert? Und wo ist dieser Wert geblieben?" von Siegfried Wenzel. Übrigens waren die paar Mark DDR - Schulden im "Erblastentilgungsfonds" gelandet + die sog. Kommunalen Altschulden + Hunderte Mrd. DM THA-Schulden + Zinsen. Eine "hübsche" Summe, wovon ein Miniteil vom "Urheber" stammen:

Der Erblastentilgungsfonds setzte sich 1997 wie folgt zusammen [1]:
DDR-Schulden [2] 27,3 Mrd DM
Währungsumstellung [3] 82,7 Mrd DM
"Treu"hand-Schulden [4] 204,6 Mrd DM
Wohnungsbau"schulden" [5] 28,5 Mrd DM

Der Anfangsschuldenstand des Erblastentilgungsfonds summierte sich danach per 31. Dezember 1996 auf rd. 343 Mrd DM. Damit bildeten die Schulden des Republikhaushaltes weniger als 8 Prozent des sog. Erblastentilgungsfonds, noch ohne dessen Zinsleistungen an die privaten Banken. "Infolge der weiterer Zuteilungen von Ausgleichsforderungen an Kreditinstitute und Außenhandelsbetriebe in den kommenden Jahren ist zur Zeit von einem Schuldenhöchststand des ELF [Erblastentilgungsfonds] Ende des Jahres 2000 (ohne Berücksichtigung von Tilgungen) von rd. 360 Mrd. DM auszugehen."


Fußnoten:
[1] Bundesministerium der Finanzen, Finanzbericht 1998 (abgeschlossen am 22. August 1997; S. 38, Tz. 7.9), Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, PF 13 20, 53003 Bonn
[2] Schulden des Republikhaushaltes; Verbindlichkeiten des Kreditabwicklungsfonds Ende 1994
[3] Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausgleichsfonds Währungsumstellung; Verbindlichkeiten des Kreditabwicklungsfonds Ende 1994
[4] Verbindlichkeiten der Treuhandanstalt zum 1. Januar 1995
[5] Altverbindlichkeiten von Wohnungsbauunternehmen der ehemali gen DDR nach dem Altschuldenhilfegesetz

Weiterführende Informationen zur Zahlungsbilanz der DDR 1975 bis 1989:
http://www.bundesbank.de/download/presse/publikationen/zahlungsbilanz_ddr.pdf

Und zur Frage "War die DDR wirtschaftlich unterlegen?":
http://www.schattenblick.de/infopool/geist/history/ggwir010.html

Samstag, 26. Dezember 2009

Aus der Geschichte der 43. FRBr ( Folge 5 )


Vorbemerkung :
Wir bleiben noch mit einigen Erinnerungen in Retschow, schon allein deswegen, weil diese FRA als letzte Abteilung erst Ende August / Anfang September 1962 ihre Stellung bezogen hat. Man könnte auch noch einen anderenGrund anführen, über den werden wir ebenfalls berichten, er liegt allerdings ca. 25 - 27 Jahre später ....

Quellennachweis :
Erinnerungsbericht F. Forkert

Auszug aus einem Erinnerungsbericht zum Zeitraum 1961 - 1963, wie ihn Friedrich Forkert erlebte und wie er ihn z.T. aus heutiger Sicht begegnet. Obltn. Forkert kam am 01.03.1962 zum erstenmal nach Retschow, war KC - FuTK, später Ingenieur der Abteilung, nach 25 Dienstjahren 1980 in die Reserve versetzt. Er berichtet :

" ... Es war nicht einfach, den mecklenburgischen Ort RETSCHOW auf der Landkarte zu finden, als mir am Ende 1961 eröffnet wird, dass ich mit Wirkung vom 01.12.1961 in das Fla - Regiment 18, 4. Feuerabteilung, versetzt werde. Wichtig für mich ist vorallem die Information, dass es dort auch Wohnungen für die Familien geben soll. Anfang 1962 melde ich mich in Pinnow beim Regimentskommandeuer, Maj. Hering. Zusammen geht es zur Dienstbesprechung mit den Abteilungskommandeuren nach Sanitz. Dort werde ich dann " meinem " Kommandeur der 4. Feuerabteilung, Hptm. Pohl, vorgestellt, der für seine neue Funktion bereits eine Ausbildung in Pinnow absolviert hatte. Danach fahren wir sofort nach Barth, ich lerne jetzt meine Kompanie und die kurz zuvor übernommene Technik in den nächsten Tagen und Wochen kennen. Mit der Technik dauert es sogar noch etwas länger ...

Ich selbst weiß zu diesem Zeitpunkt von und über Fla - Raketen nur soviel, wie in den offiziellen Mitteilungen zum Abschuß des US - Spionageflugzeuges U - 2 steht : in einer Höhe von 18.000 m, über der Stadt Swerdlowsk, mitten im Ural, tief im Luftraum der UdSSR. Allerdings hatte ich bereits mit Funkmeßtechnik zu tun .... Anfang Januar 1962 war also die Übernahme der Hauptbewaffung der zukünftigen Feuerabteilung erfolgt, einen Fla - Raketenkomplex SA - 75. Stationierung, Entfaltung und Ausbildung aber in der FRA Barth, aus bekannten Gründen. Die aus Pinnow zuversetzten Offz. / Uffz. verfügen über Kenntnisse aus der dort vorangegangenen Spezialausbildung. Für mich ist aber diese Technik vollkommen neu und ohne die Hilfe / Unterstützung meiner Mitkämpfer wäre es mir nicht möglich gewesen, mir so schnell eigenes Wissen anzueignen. Am 01.03.1962 sehe ich dann zum erstenmal RETSCHOW, den Ort und die Dienststelle, in der ich bis zu meiner Versetzung in die Reserve 1980 dienen sollte. Ich sehe allerdings auch, dass die Wohnblöcke in der NVA - Wohnsiedlung noch im Baus sind, d.h. eine weitere Trennung von der Familie ist damit vorgegeben, meine Frau muß die Probleme alleine lösen .... Am 09.September 1962 ist es aber soweit : Einzug in die neue Wohnung ! Aber wie so oft, vorher und auch nachher, die Aktion muß von den Frauen alleine " gestemmt " werden, denn zeitgleich Anfang September erfolgt jetzt die Verlegung der Fla - Raktentechnik von Barth nach Retschow. Durch die TA in Sanitz werden die Raketen zugeführt, die Herstellung der Gefechtsbereitschaft sollte zudem in den nächsten Wochen eine ganz andere, ernstere Bedeutung erhalten ....

Bereits im Sommer hatte es Anzeichen einer Verschlechterung der poltischen " Großwetterlage " gegeben - in den Beziehungen zwischen den Großmächten USA und UdSSR kriselte es, die USA stationierten Atomraketen in der Türkei und hatten damit die UdSSR eingekreist, die Auftritte von John F. Kennedy und Nikita Chrustschow nehmen immer schärfere Formen an. Die Antwort der UdSSR läßt nicht lange auf sich warten : im Oktober erfolgt die Stationierung von Mittelstreckenraketen in Kuba. Die Situation des ständig immanenten " Kalten Krieges " zwischen den beiden Militärblöcken kannten wir, mit dieser Situation lebten wir bisher. Aber jetzt ...? Am 05.10.1962 beginnt das Manöver " Baltyk - Odra ", ab 14.10. weitere Verschärfung der Lage in der Karibik, durch eine Seeblockade der USA in internationalen Gewässern vor Kuba verursacht. Am 23.10.1962 löst das Oberkommando der Vereinten Streitkräfte des Warschauer Vertrages die " Erhöhte Gefechtsbereitschaft " aus, für unsere Feuerabteilung bedeutet das, ab sofort die Bereitschaftsstufe " B 1 " !
Kontakt zu unseren Familien haben wir nicht mehr, die Stellung darf keiner mehr verlassen, viele Gedanken gehen einem da durch den Kopf : nach nur wenigen Monaten Ausbildung stehen wir sozusagen mittendrin in einer möglichen militärischen Konfontration, an einer Frontlinie... Zu jeder Zeit kann im Ernstfall jetzt der Befehl zum Raketenstart gegeben werden, wer fragt danach, dass wir bisher noch keinen realen Einsatz unserer Waffentechnik durchgeführt haben, die Möglichkeiten der Bekämpfung mit Fla - Raketen von Zielen in großen Höhen ohne praktische Erfahrungen einsetzen sollen usw. usw. Die Erfahrungen der Gefechtshandlungen der sowjetischen LV, z.B. beim Abschuß der U - 2, sind immer noch nicht zugänglich. Einen guten Ausbildungsstand hat die zum Bestand der Feuerabteilung gehörende 57 mm - Flak - Batterie ... "

Die Zeitung " Volksarmee ", Ausgabe Nr. 45 / 1962 berichtet unter der Überschrift " Kuba wird auch in Berlin und Moskau verteidigt " und im Artikel " Kubanischer Soldat Mendoza : " Wir bewundern Euch ! " über einen Briefwechsel ... Der kubanische Soldat Angel Mendoza schreibt seinen deutschen Waffenbrüdern der NVA - Einheit POHL in Retschow, dass das kubanische Volk die Solidarität zu schätzen weiß, die ihm auch von Seiten der DDR bekundet wird, besonders in diesen Tagen. Ein Kollektiv der " Freundschaft mit Kuba " hat sich gegründet und steht seit der Verschärfung der Krise mit Angehörigen der kubanischen Streitkräfte in Kontakt.
Soviel zur Meldung aus der Zeitung. Unstrittig ist in dieser Zeit eine große Sympathie - und Solidaritätswelle für das kubanische Volk, die große Teile der Bevölkerung der DDR erfaßt.

" ... Die Situation wird immer ernster, u.a. führen die USA und die UdSSR jetzt kurzfristig Atombombentest auf ihren Territorien durch. Die Gefahr eines Weltkrieges, diesmal mit massenhaften Einsatz von Atomwaffen, besteht real - davon erfahren wir aber erst später. Auch, dass US - Militärs ihren Präsidenten bedrängen, das Signal für die startbereiten strategischen Bombergeschwader zu geben. Am 28.10. kommt es zwischen J.F. Kennedy und N. Chrustschow zu einer Übereinkunft : die jeweilige Seiten ziehen die stationierten Mittelstreckenraketen aus der Türkei bzw. Kuba zurück, die Krise ist beendet und nicht nur wir sind froh und erleichtert.... ich denke, wer in dieser Zeit an der eingeschalteten Fla - Raketentechnik steht, an den abschußbereiten Startrampen und die Informationen zur militärischen Situation verfolgt, hat hautnah den Ernst der entstandenen Lage und vorallem die möglichen Folgen gespürt. Wir sind uns bewußt, dass das zwischen den Militärblöcken bestehende militärstrategische Gleichgewicht und letzlich die Oberhand behaltene Vernunft / Verantwortung der beiden Staatsmänner diesen für die menschliche Zivilisation tödlichen Krieg verhindert haben. Beiden ist wohl auch klar geworden, dass ein Atomkrieg nicht führ - und gewinnbar ist. Offen ausgesprochen wurden diese Worte jedoch nicht.
Die Entspannung der internationalen Lage hat natürlich auch für uns als FRA ganz praktische
Auswirkungen. Unter Aufrechterhaltung der Gefechtsbereitschaft können die Offz. wieder kurzzeitig zu ihren Familien in die Wohnsiedlung bzw. auf die Unterkünfte im A - Objekt. Nach einer weiteren kurzen Zeit dann " Normalzustand ", die Vorbereitung des AJ 1962 / 63 beginnt. Und zwar mit den Schwerpunkten : erstes reale Gefechtsschiessen mit Fla - Rakten in der UdSSR und Übernahme in das Diensthabende System ( DHS ) der Luftverteidigung des Warschauer Vertrages.

Das Ausbildungsjahr 1962 / 63 beginnt dann auch prompt mit Überraschungen : mit Eis und Schnee, mit Temperaturen um - 26° C , sogar die nahe Ostsee ist bis auf einige Fahrrinnen zugefroren ! Eine geschlossene Schneedecke überzieht von ca. November 1962 bis zum April des Folgejahres das Land. Um die Technik und das Stellungssystem einsatzbereit zu halten, sind die Bedienungen teilweise Tag und Nacht gefordert und ständig unterwegs. Für den Fla - Raketenkomplex stehen leistungsstarke und robuste Stromversorgungsanlagen zur Verfügung, aber bei dem örtlichen öffentlichen Energienetz gibt es immer und immer wieder Zwischenfälle und Stromunterbrechungen. Ein fast noch größeres Problem ist der damit verbundene Ausfall der Wasserversorgung, da sowohl die Dienststelle als auch die Wohnsiedlung von einunddemselben Brunnen aus versorgt werden.
In den ersten Jahren gibt es noch weitere Schwierigkeiten, die gemeistert werden müssen. Alle aufzuführen, ist schlicht unmöglich. Belastend ist auch der Umstand, dass auf Grund unzureichender Verkehrsanbindung - 1 x / Woche fährt ein Bus nach Bad Doberan - die Arbeitsmöglichkeiten der Ehefrauen stark eingeschränkt sind. Jeder, der den Dienst und das Leben in einer Fla - Raketeneinheit mitgemacht hat, weiß davon zu berichten. Ich persönlich kann mich nicht an einfache Zeiten erinnern ...

Am 01.07.1963 erfolgt die Umbenennung des Truppenteils vom bisherigen Fla - Regiment zum Fla - Raketenregiment 18, aus der 4. Feuerabteilung ( FA ) wird jetzt die 4. Fla - Raketenabteilung ( FRA ). Vom 17.07. - 28.07.1963 führen wir auf dem Polygon in Ashuluk in der UdSSR unser erstes Gefechtsschiessen mit der Note " Gut " durch. Bis zum 31.12.1986 ist dann die FRA im DHS der LV des Warschauer Vertrages eingesetzt.
1990 und in den Jahren danach war vieles neu zu bewerten, auch die Jahre im Dienst bei den Luftstreitkräften / Luftverteidigung der NVA in den Zeiten des " Kalten Krieges " zwischen den Militärblöcken. Heute kann ich mit dem Abstand von 29 Jahren auf diese Zeit zurückblicken und versuchen, Antworten auf Fragen aus dieser Zeitepoche zu finden. An einen Ausspruch von Carl - Friedrich von Weizsäcker werde ich mich aber stets erinnern, der so zutreffend für diese Zeit steht : " ... der dritte Weltkrieg wird stattfinden, wenn er gewonnen werden kann. " Dieser Satz, im Jahre 1985 geschrieben, war 1962 sicher genauso gültig ...

In der Chronik des Ortes RETSCHOW sind nur 2 militärische Ereignisse vermerkt : das erste als " Gefecht bei Retschow " im Jahre 1813, das zweite als Fla - Raketenabteilung der NVA von 1961 - 1990. Seitdem gehört beides zur Geschichte ... " - Fortsetzung folgt.

Mittwoch, 23. Dezember 2009

Religion ... ist das Opium des Volkes

Da der Stammtis^^^Wikipedia sich stets auf falsche Übersetzungen bzw. Fälschungen bezieht, hier mein immer wiederkehrendes Statement:

"Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes."
Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie 1844),
http://www.mlwerke.de/me/me01/me01_378.htm

Beachte: "Opium des Volkes" statt "Opium fürs Volk".
Der Unterschied ist augenfällig und mehr als nur akademisch. Das Opium wird nicht verabreicht, sondern aus freien Willen selbst verwendet. Man sollte sich hier erinnern, daß der Gebrauch von Opium im 18. und 19. Jahrhundert nicht sanktioniert war wie heute. Aber Opium war teuer, viel teurer als Religion! Deshalb konnten sich die armen Leute nur Religion leisten. Daher war Religion das Opium des Volkes.

Vorsorglich:
Auch bei Lenin steht im Artikel "Sozialismus und Religion" lediglich jenes "Opium des Volkes", vgl.: 6-Bändige Ausgabe, Dietz-Verlag Berlin, 9. Auflage 1982, S. 201.
http://www.dober.de/religionskritik/sozialismus1.html

Oder wie heißt es so schön:
"Es ist ein Brauch von alters her:
Wer Sorgen hat, hat auch Likör!"
Wilhelm Busch in "Die fromme Helene"
http://www.wilhelm-busch-seiten.de/werke/helene/kapitel16.html

Samstag, 19. Dezember 2009

Weihnachten

Nun ist das Fest der Weihenacht,
das Fest, das alle glücklich macht,
wo sich mit reichen Festgeschenken
Mann, Weib und Greis und Kind bedenken,
wo aller Hader wird vergeßen
beim Christbaum und beim Karpfeneßen;
und Groß und Klein und Arm und Reich,
an diesem Tag ist alles gleich.
So steht's in vielerlei Variantenin deutschen Blättern.
Alten Tanten und Wickelkindern rollt die Zähre
ins Taschentuch ob dieser Märe.
Papa liest's der Familie vor,
und alle lauschen und sind Ohr ...
Ich sah, wie so ein Zeitungsblatt
ein armer Kerl gelesen hat.
Er hob es auf aus einer Pfütze,
daß es ihm hinterm Zaune nütze.

Erich Mühsam (1878-1934)

Abschuß RB-66

Seit Jahren verfolge ich das Ereignis, das am 10. März 1964 in der Nähe von Gardelegen / Magdeburg in der DDR stattfand. Ein Luftbildaufklärer vom Typ RB-66 der USAF / 10th TRW / Alconbury drang von Sembach, BRD, kommend mit Spionageauftrag in den Luftraum der DDR ein. Meine bisherigen Infos habe ich hier dargelegt:
http://home.snafu.de/veith/rb-66.htm

Nunmehr liegt mir eine weitere Übersetzung zu den Ereignissen vor und ich habe sie hier veröffentlicht:
http://home.snafu.de/veith/memorb66.htm

Vielen Dank dan ALLE, die mich hierbei unterstützen!
http://ddr-luftwaffe.blogspot.com/2008/11/abschu-einer-us-spionagemaschine-ber.html

Kuba 1976: MiG-21 gegen SR-71

Nach einem Artikel eines ehemaligen sowjetischen Jagdflieger-Instrukteurs in: airforce.ru und der Übersetzung im "Kanonier Nr. 44", mit deren freundlicher Genehmigung:

1976 verlegte die erste Staffel der Krasnodarer Fliegerschule nach Kuba. Zu der Zeit tobten die Kämpfe in Angola. Auf Bitte der kubanischen Regierung leistete die Sowjetunion durch Entsendung fliegertechnischen Personals nach Kuba Waffenhilfe, um den Anschein vorhandener Aktivitäten bei den Luftstreitkräften auf der “Insel der Freiheit” zu erwecken. Deshalb musste auch der Funkverkehr der Russen in spanischer Sprache erfolgen.

Wie die Amerikaner später erklärten, wussten sie nur zu gut, wer auf der Insel eingetroffen war. Zu der Zeit flog eine SR-71 unverfroren Aufklärung geradewegs über die Köpfe der Russen hinweg, unerreichbar für die kubanischen Jagdflugzeuge, denn Höhenabfänger, wie die MiG-25, besaß Kuba nicht. Die Russen flogen die kubanischen Jagdflugzeuge vom Typ MiG-21, die eine statische Gipfelhöhe von 18 km besaßen. Die SR-71 flog gewöhnlich in einer Höhe von 22-24 km, wo sich deren Besatzung in vollkommener Sicherheit wähnte, so, wie es die Amerikaner mögen.

Die Russen beschlossen, den Amerikanern trotzdem eine Lektion zu erteilen. Sie suchten die MiG-21 mit den besten Triebwerkseigenschaften heraus und bauten aus diesem Flugzeug alles aus, was nur möglich war, selbst das, was eigentlich verboten war (wahrscheinlich aus Sicherheitsgründen). Die einzige Bewaffnung des Flugzeuges blieb die "Frechheit". Aus dem gefährlichen Jäger wurde eine Friedenstaube mit hervorragenden Flugeigenschaften. Der russische Staffelkommandeur wollte den nächsten Einsatz auf eine SR-71 mit dieser MiG-21 selbst fliegen.

Der gesamte Personalbestand versammelte sich auf dem Gefechtsstand, wo man nicht nur die Luftlage auf den Bildschirmen verfolgen konnte, sondern auch den Funkverkehr der amerikanischen “Kollegen”. Der schwarze Vogel erschien wie gewöhnlich und flog in einer Höhe von 24 km geradeweg aus Norden kommend auf den kubanischen Flugplatz zu. Es folgte das Kommando zum Start der MiG-21. Zielstrebig gewann sie mit vollem Nachbrenner an Höhe. Nahezu gleichzeitig warnte der Operator auf der amerikanischen Seite den Piloten der SR-71 mit träger Stimme über den Start eines Abfängers. Die MiG-21 hatte zum vorausberechneten Zeitpunkt (automatische Jägerleitung?) die doppelte Schallgeschwindigkeit erreicht und stieg nun steil nach oben.

“John, hier Foxtrott 125, der Abfänger kommt auf dich zu!”
“Soll er kommen. Habe 72.000 Fuß Höhe (24 km).”

Der Operator begann, die zunehmende Verringerung des Höhenabstandes des Abfängers zur SR-71 alle 1000 Meter abzuzählen. Bis 18.000 m Höhe blieb er bei seinem trägen Tonfall, doch als dann die Höhenzunahme der MiG weiter anwuchs, wurde er nervös:

“John, hier Foxtrott 125, hau ab, hau ab! Er ist schon höher als du!”

Die “Friedenstaube” flog in einer gigantischen Parabel fast bis auf 30.000 m, um sich dann mit zunehmender Geschwindigkeit abwärts auf den Treffpunkt mit der SR-71 zuzustürzen. Die SR-71 flog bereits mit voller Triebwerksleistung. Aber Manöver, wie auch Erhöhung der Geschwindigkeit, waren wegen der geringen Luftdichte sehr langwierig. Der selbstbewusste Ton im amerikanischen Funkverkehr war verschwunden. Dann der Schrei des Operators:

“John, hau schnellstens ab, er holt dich ein!”
“Mehr geht nicht! Die Triebwerke laufen mit voller Leistung!”

Der sowjetische Staffelkommandeur meldete, die Situation anheizend und wohl bewusst der Tatsache, dass auch sein Funkverkehr vom Gegner mitgehört wurde, im reinsten Spanisch an die Leitstelle:

“738, Ziel erfasst! Bereit zum Start (der Raketen)!”

Die SR-71 kippte ab und entfloh mit Höhenverringerung über dem Ozean. Fast ohne Sprit trudelte die MiG-21 in großen Spiralen nach unten zu ihrem Flugplatz und landete wohlbehalten. Nach dieser Begebenheit flog die SR-71 fast einen Monat lang nicht. Mit Sicherheit versuchten die Amerikaner inzwischen herauszubekommen, was für eine neue Waffe die Russen auf Kuba einsetzten, die so leicht ihren Wundervogel erreichen konnte.

GOTO

"Sender Gleiwitz" aufgetaucht, Irak: Elf iranische Soldaten besetzen Öl-Feld

"Sender Gleiwitz" aufgetaucht, Irak: Elf iranische Soldaten besetzen Öl-Feld.

Das mit der Fahne war aber wohl eine Verwechslung: Die Fahne wurde vom Iran nicht im Irak sondern auf dem Nordpol gehißt ]:->
Vermutlich kommt die Info von dem Taxifahrer, der die Angriffsfähigkeit des Iraks gegen GB kannte ... bald findet bestimmt jemand noch die Power-Point-Präsentation mit den Massenvernichtungswaffen der Taliban.

Mittwoch, 16. Dezember 2009

Manipulation zum Nutzen von Politik und Wirtschaft

Ich muß mehr öffentlich - rechtliches Fernsehen schauen, so die Sendung ZAPP beim NDR. Bereits am 30. November 2009 lief ein 8-Minuten-Beitrag mit dem Titel "Die PR-Branche und ihre Tricks":

ZAPP-Beitrag beim NDR

Das war tiefgestapelt! Der Titel auf Youtube trifft es besser: "Verdeckte Lobbyarbeit als Manipulation zum Nutzen von Politik und Wirtschaft (ZAPP NDR)": »Was ist echt und was ist eine Lüge? Wie von Geisterhand gelangen immer mehr Meldungen in die Medien, die keine sind. Eine Branche und ihre perfiden Methoden boomen. Lobbyismus im Finanzministerium – Ein Staatssekretär als V-Mann Es wird immer notwendiger zu recherchieren, ...«

ZAPP-Beitrag bei Youtube

Die Frage ist nicht, wie kann es so eine Manipulation geben, sonder: Warum kann so eine Sendung im TV laufen? Klar, weil es nichts nützt und auch ich nur durch Zufall beim surfen darauf gestoßen bin. Und wer schaut sich die "öffentlich - rechtlichen" schon unter der Woche nach 23.00 Uhr an?!

Donnerstag, 10. Dezember 2009

Aus der Geschichte der 43. FRBr ( Folge 4 )


Vorbemerkung :
Die Rückholung der Erich Weinert - Büste aus dem Kunstpark in Emlichheim an der holländischen Grenze nach Sanitz hat uns viel Lob und Freude eingebracht. Dafür möchten wir uns bedanken und gleichzeitig Euch bitten, dass Projekt Ausstellung " 50 Jahre Garnisonsort Sanitz " mit Fotos, Chroniken, Modellen usw., vorallem aber auch mit Erinnerungs - und Erlebnisberichten weiterhin zu unterstützen. In diesem Zusammenhang ein Hinweis zu einer Broschüre von Lothar Herrmann " Zur Geschichte der 43. FRBr ", Schwerpunkte Entwicklung Technik und Sicherstellung, 59 Seiten, bestellbar unter : 05141 - 485161.

In der ungefähren chronologischen Reihenfolge unserer Beiträge sind wir Ende 1961 / Anfang 1962. Diesmal eine Folge aus der Geschichte der FRA 4324 in Retschow bei Bad Doberan.
Quellennachweis :
Erlebnisberichte Ehemaliger ( L. Hümer )


Nach Retschow ...

Die verspätete Verlegung der FRA 4324 an ihren Standort Retschow verdeutlicht die damalige angestrengte Situation und den enormen Zeitdruck, unter der die Formierung und Stationierung der neugeschaffenen Fla - Raketenregimenter steht. So kann u.a. der entsprechende Befehl zur Verlegung der Einheiten des FRR - 18 erst im August 1962 erfüllt werden, da in Retschow die Stellung noch nicht aufnahmebereit ist. Während z.B. Stab, Na - Zug, Flak - Battr., die RD bereits Ende Dezember 1961 bzw. im Januar 1962 am neuen Standort eintreffen, müssen FuTK und Feuerbatterie nach Übernahme der Technik in die FRA 4322 nach Barth ausweichen. Angehörige der FRA sind aber auch in Hinrichshagen und Abtshagen anzutreffen, der Finanzer mit der Kasse und dem damals noch bar auszuzahlenden Wehrsold reist quer durch das Regiment ..... Zum " Tag der Nationalen Volksarmmee " am 01.03.1962 trifft sich jedoch alles in RETSCHOW !

Am 23.05.1962 wird bereits das FRR - 18 in denBestand der neugebildeten 3. Luftverteidigungsdivision ( 3. LVD ) übernommen und die FRA 4324 erhält die Aufgabe, im Verteidigungsfall in der 1. Staffel in der Luftoperationsrichtung WEST bzw. NORD - WEST und NORD zu handeln. Per 15.09.1962 dann die Einbeziehung in das Diensthabende System ( DHS ) der LV der DDR. Vom 09. - 13.07.1963 eine Inspektion durch das Vereinte Oberkommando, die FRA erfüllt das Prüfungsschießen mit 80 %, beim ersten realen Schießen mit Fla - Raketen auf dem Polygon in Ashuluk im Juli 1963 gibt es die Note " Gut ".

Einer, der bereits als Kanonier nach Retschow kam, war Ludwig Hümer. In verschiedenen Dienststellungen eingesetzt, zuletzt Ltr. Med.Punkt und Stabsfähnrich, berichtet er wie folgt :

" ....Die ersten Jahre in Retschow : am 29.12.1961 kommen wir, der überwiegende Teil der Soldaten für die Funktechnische Kompanie ( FuTK ) und für die Feuerbatterie, aus Oranienburg in der damaligen 4. Feuerabteilung ( FA ) Retschow an. Die Mehrheit der Offz. / Uffz. war schon vorher von Pinnow hierher verlegt worden und befindet sich im Festagsurlaub. Die Freude über die Bedingungen am neuen Standort ist ersteinmal groß : ein nagelneues Objekt, erstmalig seit unserer Einberufung haben wir helle, freundliche und vorallem zentral beheizte Unterkünfte, warmes Wasser in den Waschräumen !
Dass wir erst alles reinigen und auch einräumen müssen, stört uns wenig. Da die Klubbaracke noch nicht fertig ist, feiern wir Silvester eben in der Unterkunftsbaracke der Bauarbeiter außerhalb der Kaserne, mit dem berühmt - berüchtigten Rotwein der Sorte " Gamza ". In dieser Baracke wohnen auch bereits der Kommandeur, Maj. Pohl, und der Stabschef, Hptm. Herzog, mit ihren Familien. Nachdem die Festtagsurlauber zurückgekehrt waren, geht es am 04.01.1962 im Kfz. - Marsch nach Stallberg zur Übernahme unserer Technik. Was uns im Einzelnen an Technik dort erwartet, wissen wir noch nicht ... Geheimhaltung ist alles ! So ist die Diensstelle im Retschower Wald eine " Schokoladenfabrik ", es geht um " Produkte " und " PU " anstelle von Raketen und Startrampen. An der Uniform ist noch die rote Waffenfarbe der Flak - Artillerie und wir sind Kanoniere. Nach ca. 2 Tagen verlegen wieder zurück, aber nicht nach Retschow, sondern nach Barth ...In Retschow sind die Bau - Pioniere noch mit der Fertigstellung der Feuerstellung zugange. Aus den angesagten 3 Wochen " Untermieter " in der damaligen 2. Feuerabteilung Barth werden dann zum Schluß 9 Monate, unter recht primitiven Bedingungen in einer Baracke im B - Objekt, ca. 1,5 km von der Kaserne entfernt ....
Wieder Ofenheizung und beschränkte Waschmöglichkeiten, die Einrichtung einer Unterkunft besteht aus 10 schmalen Betten a 75 cm Breite, 1 Tisch und je einem kleinen Nachtschrank und Hocker pro Nase. Spinde passen nicht mehr rein ins Zimmer, die Uniformen hängen an der Wand, die übrigen Dinge werden in einem Seesack unter dem Bett verstaut, Verpflegung wird in Thermosphoren angeliefert. Wenn der Einsatz - LKW aber mal nicht zur Verfügung steht, werden die Essenbehälter im Fußmarsch abgeholt. Der Soldatenalltag besteht zu dieser Zeit im Kennenlernen der neuen Technik, d.h. in der Ausbildung an der Technik, in der theoretischen Aus - und Weiterbildung sowie im Wachestehen. Mit Beginn der Sommermonate werden dann die Lebensbedingungen etwas angenehmer - beim " Frühsport " werden z.B. die reichlich vorhandenen Blaubeeren gesammelt, auch Ausgang gibt es jetzt häufig, dann geht es meist zu " Alwin Krull " nach Fuhlendorf, durch den Walde sind es ca. 30 min. Ich lerne ein Mädchen kennen und mein Zugführer, Ultn. Kocher, seine spätere Ehefrau. Wie der Zufall so spielt, beide Mädels sind Freundinnen - so ergibt es sich, dass ich diesem Umstand geschuldet durch den Einfluß meines Vorgesetzten meist Ausgang ohne Einschränkung erhalte. Das ist auch deshalb problemlos, da wir nie eine Wache passieren müssen ....

An den Wochenenden geht es oft nach Retschow, um bei der Fertigstellung der Stellungen zu helfen, Gräben zu schaufeln usw. Ende August / Anfang September 1962 ist es dann soweit : per Eisenbahntransport und unter strengster Geheimhaltung verlegen wir in unseren eigentlichen Standort in der Nähe von Bad Doberan. Hier weht nun jetzt ein anderer Wind für uns, Gefechtsausbildung und Gefechtsdienst stehen jetzt an erster Stelle und wechseln sich ständig ab. Die Kuba - Krise und die Auswirkungen im Herbst 1962 bedeuten für uns fast 5 Wochen erhöhte Gefechtsbereitschaft bei Barackenleben in der Feuerstellung, für die zur Entlassung Stehenden sogar das Weiterdienen und eine 4 - wöchige verspätete Rückkehr in das zivile Leben ....

Das Jahr 1963 ist dann im wesentlichen geprägt von der Vorbereitung und Durchführung des 1. Gefechtsschiessens unserer Abteilung. Eine harte Ausbildung mit ständiger Wiederholung aller Abläufe, das Beherrschen aller Handlungen von der Vorbereitung bis zum Start der Rakete, die taktisch - technischen Daten usw. - alles Wissen und Können muß ständig parat und abrufbar sein, es muß also bei jedem von uns " automatisch " ablaufen. Um den Lernprozeß zu erleichtern, wird in eigener Regie zusätzliches Anschauungsmaterial angefertigt. Da ich einigermaßen Normschrift schreiben kann, werde ich dazu " verdonnert ", d.h. Übertragen und Vergrößern der Schaltbilder aus den sowjetischen Originaldokumenten auf Transparentpapier bzw. Zeichenkarton, mit Feder und Tusche.

An einen Vorfall aus dieser Zeit kann ich mich besonders erinnern : auf dem Dienstplan steht " Tank - Training ", d.h. scharfes Betanken einer Lehrrakete mit der Treibstoff - Komponente " Oxydator " - einen Vorgang, den wir bis dahin noch nicht allzu oft geübt hatten. So kommt es, dass ich als damaliger K 2 die noch unter Druck stehende Tankpistole zu zeitig löse - ich kann sie dann nicht mehr festhalten, sie stellt sich kerzengerade auf und besprüht uns jetzt von oben herab wie eine Dusche den K 1 , Uffz. Maynicke, und mich mit dem noch im Schlauch befindlichen " O " !
Wir springen sofort vom TLF herunter und werden von allen Seiten mit Wasser zugeschüttet , unser BC Ltn. Birkholz taucht uns immer wieder und wieder mit dem Kopf in ein Wasserfaß, fast sind wir dabei, zu ertrinken .... An den Stellen, die nicht von der Schutzbekleidung bedeckt sind, zeigen sich bei mir schmerzhafte Verbrennungen. Mit dem Sankra werden wir dann sofort nach Sanitz gebracht, der Reg. - Arzt behandelt uns mit einer weißen Salbe - bis auf eine kleine Narbe erinnert nichts mehr an diese noch relativ glimpflich verlaufene Angelegenheit.

Dann naht das Datum der Abfahrt ins " große " Land : kurz vorher gibt es noch neue Uniformen, jetzt die hellgraue Waffenfarbe der Luftverteidigung der NVA. Die Fahrt an sich ist schon ein Erlebnis für sich, an einem normalen Reisezug Berlin - Warschau - Brest - Moskau sind unsere Liegewagen angehängt, wir steigen in Frankfurt / Oder zu. Während der Reise verpflegen wir uns selber, im Waggon gibt es gegen Bezahlung wunderbaren Tee, also " Tschai ", aber auch den Speisewagen können wir nach Abmeldung aufsuchen. Und dann diese Entfernungen und Weiten des Landes, ein paar hundert km sind überhaupt nichts ....In Brest haben wir ca. 2 h Aufenhalt, Umspuren der Waggons. In Moskau gibt es ein vorbereitetes Programm, dafür steht sowohl für die Hin - als auch für die Rückfahrt je 1 Tag zur Verfügung : Roter Platz mit Besuch im Kaufhaus "GUM", die Lomonossow - Universität mit Ausblick auf die MOSKWA, die hier in einem großen Bogen ruhig dahinfließt, die Allunions - Ausstellung. ...
Über Wolgograd geht es südwärts Richtung Charabali, dann der Bahnhof Ashuluk. Von dort bis bis zur Kaserne des Staats - Polygons ( Schießplatz ) fahren wir mit LKW's, durch die Steppe - eine feste Straße gibt es noch nicht. Die Unterbringung ist spartanisch, in Baracken. Die Verpflegungsversorgung erfolgt durch die dortige Mannschaftsküche, d.h. Soldatenkost a la Kascha dick, Kascha dünn ... also nicht unbedingt, was uns sonderlich begeistern könnte.

Der Tagesablauf ähnelt dem zu Hause : Überprüfungen, Abnahmen, Zulassungen, Benotungen - wir hatten uns gut vorbereitet und bestehen alle Prüfungen. Am 08.07.1963 werde ich 20 Jahre alt, beim Morgenappell bekomme ich vor versammelter Truppe vom Regimentskommandeur, Maj. Hering, ein Buch mit Widmung anläßlich meines Geburtstages überreicht. Daran erinnere ich mich noch heute sehr gerne ...
Das Gefechtsschiessen wird durch unsere Abteilung erfolgreich absolviert, auch wenn es mit einem Schreck beginnt - durch irgendeinen Defekt bricht die 1. Rakete aus dem Leitstrahl aus und geht dann in der Wüste nieder, die uns noch zur Verfügung stehende 2. Rakete wird daraufhin sofort gestartet und trifft das Ziel. Beides können wir mit bloßen Augen verfolgen, auch die dann in Richtung zu unserer Feuerstellung brennend abstürzende LA - 17, dem Zieldarstellungsmittel. Uns wird mulmig, da sie immmer näher und näher kommt und suchen schleunigst Deckung hinter den Protzenrädern - wir sind auch nur etwas erleichtert, als das Wrack dann doch vor dem Zaun unserer Stellung niedergeht. Das Erlebnis der Raketenstarts wirkt bei uns allen nach, zum ersten Mal real und hautnah, es ist sehr beeindruckend ....

Kontakte zu den stationierten Sowjetsoldaten gibt es häufig, wir möchten aber nicht tauschen, sie leben unter sehr schwierigen Bedingungen und freuen sich über vieles, was uns selbstverständlich ist und auch über einige Sachen, die wir loswerden wollen. So wechselt auch mein Trainingsanzug und die Schutzbrille gegen in paar Rubel den Besitzer. Für den Erlös kaufe ich mir dann bei der Rückreise im GUM in Moskau eine Armbanduhr, die ich bis heute noch habe und auch noch funktioniert. Nach 3 erlebnisreichen Wochen sind wir dann endlich wieder zu Hause, zurück in Retschow ...." Fortsetzung folgt.

Mittwoch, 9. Dezember 2009

Generalleutnant Süß verstorben

Eine traurige Nachricht:

Der langjährige Kommandeur der Offiziershochschule der LSK/LV, ehemaliger Hauptinspekteur der NVA und Leiter der MAK, Generalleutnant a.D. Prof. Dr. Hans Süß ist bereits am 17. November 2009 verstorben.

Mein Beileid gilt seinen Angehörigen.